Den 75. Geburtstag der Stadt Salzgitter begingen Mitglieder der 17. Wahlperiode des Rates der Stadt, Ehrenratsmitglieder, Stadtmedaillenträger und die Verwaltungsführung der Stadt Salzgitter gemeinsam mit Persönlichkeiten der Stadtgeschichte und Oberbürgermeister Frank Klingebiel, im Vorgriff auf das eigentliche Jubiläum am 1. April, mit einer Feierstunde in der Kulturscheune in Salzgitter-Lebenstedt.
Lesen Sie hier mehr zum Thema:
Als Zeitzeugen der jungen Geschichte der Stadt hatte der Oberbürgermeister die Ehrenbürger Hermann Struck und Rudolf Rückert, die Oberstadtdirektoren a. D. Dr. Hendrik Gröttrup und Detlef Engster sowie Oberbürgermeister a. D. Helmut Knebel zu einer spannenden und unterhaltsamen Podiumsrunde eingeladen.
Bevor die mit der Stadtgeschichte eng verbundenen Persönlichkeiten in einer anregenden Plauderei Geschichte und Geschichten Revue passieren ließen, blickte Oberbürgermeister Frank Klingebiel auf die Historie der Entstehung Salzgitters zurück. Er dankte den Ehemaligen und Aktiven, die sich für das Gemeinwohl der Stadt eingesetzt haben, beziehungsweise einsetzen, für ihr außerordentliches Engagement zum Wohl der Menschen in der Stadt.
Salzgitter, vor 75 Jahren als Watenstedt-Salzgitter gegründet, sei im Vergleich zu über 2.000 Jahre alten Städten zwar keine historisch gewachsene Altstadt, aber dennoch etwas Besonderes, sagte Frank Klingebiel in seiner Begrüßungsansprache.
„Salzgitter wurde am 1. April 1942 aus rund 30 Dörfern, einer Kleinstadt, aus Barackenlagern, aus den seit 1938 errichteten Kleinsiedlungen und aus der 1939 begonnenen und nach Hermann Göring benannten Großsiedlung zusammengefasst“, blickte der Oberbürgermeister auf die Umstände der Stadtgründung zurück. Tausenden Menschen aus ganz Europa kosteten der Aufbau eines riesigen Hüttenwerkes und die Schaffung eines neuen Industriereviers das Leben. Dennoch sei der 75. Geburtstag der Stadt ein Grund zum Feiern.
Salzgitter habe sich seit der Wiederaufbauphase als weltoffene, freundliche und tolerante Stadt entwickelt. „Dieser Geburtstag sollte deshalb ein Tag sein, an dem wir uns gemeinsam des Umstandes der Stadtgründung erinnern“, betonte Frank Klingebiel.
Den Blick zurück gestalteten als Ehrengäste und Zeitzeugen die Ehrenbürger Hermann Struck und Rudolf Rückert, die Stadtdirektoren a. D. Dr. Hendrik Gröttrup und Detlef Engster sowie Oberbürgermeister a. D. Helmut Knebel mit einer abwechslungsreichen Unterhaltung über Historisches und Anekdoten aus deren Dienstzeiten.
72 Jahre habe er mit Pommerscher Hartnäckigkeit ein wenig unfreiwillig in Salzgitter verbracht, aber sich in der Rückschau als Fremder in der Fremde willkommen gefühlt, erzählte Hermann Struck. In Erinnerung seien ihm besonders sein Start in Salzgitter als Junglehrer geblieben, aber auch der Beginn der politisch schwierigen Partnerschaft mit der geografisch nahen und politisch fernen Partnerstadt Gotha. Hermann Struck gab sich als erster Streiter gegen Schacht Konrad zu erkennen und wünschte Salzgitter mit einem herzlichen „Glück auf!“, dass die Stadt in ihrem Bestand erhalten bleibe.
Auch Rudolf Rückert bekannte, dass er damals, als er nach Salzgitter kam, nicht bleiben wollte – und tat es dennoch. Sechs Stadtteile habe es zu seiner Amtszeit gegeben, die damals Abschnitte genannt wurden und die Zustände in den Schulen seien mit Kälte im Winter und Hitze im Sommer unerträglich gewesen. Rudolf Rückert erinnerte an politische Konstellationen und Koalitionen im Rat, die ihm als Stadtoberhaupt viel Geschick und Kompromissbereitschaft abverlangt hätten. Wichtig sei stets gewesen, Streit auszuhalten und daraus Wege zum Wohle der Stadt zu finden.
Seine Schwerpunkte für die Stadtentwicklung setzte der ehemalige Oberstadtdirektor Dr. Hendrik Gröttrup, indem er erstmals die Stelle eines Wirtschaftsdezernenten schuf und zahlreiche Initiativen in der Kulturpolitik voranbrachte. Er habe erkannt, dass „das Herz der Industrie in Salzgitter schlägt“ und setzte sich in schwierigen Zeiten für eine Zukunft von Blaupunkt und der Salzgitter AG ein. In seiner Amtszeit seien die Kulturscheune, das Museum Schloss Salder, die Stadtbibliothek und das Stadtmonument als bedeutsame kulturelle Errungenschaften der Stadt entstanden. Ihm sei es darum gegangen, die „graue Maus Salzgitter aufzumöbeln“. „Die Zeit in Salzgitter waren die wichtigsten 20 Jahre in meinem Leben und tausend Mal spannender als beispielsweise die tausendjährige Geschichte von Hildesheim“, sagte Dr. Hendrik Gröttrup.
Als erster gebürtiger Salzgitteraner an der Spitze der Stadtverwaltung sei er mit einem mulmigen Gefühl in die Fußstapfen seiner Vorgänger getreten, bekannte Detlef Engster. Er erlebte zum Beispiel mit dem Verkauf eines großen Wohnungsbestandes und der Ausgründung der Salzgitter Stahl und Technologie viele kritische Stunden der Stadtgeschichte. Den Ausbau der Ostfalia und den Neubau des Bundesamtes für Strahlenschutz erlebte er dagegen als Erfolge in der Stadtentwicklung. Probleme habe die Stadt durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl von Politik und Verwaltung immer gelöst. Darin sieht er in der Rückschau eine besondere Stärke.
Als Hermann Struck nach Salzgitter kam, war Helmut Knebel, direkter Vorgänger von Frank Klingebiel im Amt des Oberbürgermeisters, noch gar nicht geboren. Die Herausforderungen waren über all die Jahre immer ähnlich, schätzte Helmut Knebel ein. Er war der erste direkt gewählte Oberbürgermeister. „Finanziell ging es Salzgitter nie gut. In dieser Hinsicht geht es dem Oberbürgermeister heute nicht besser als seinen Vorgängern“, schätzte Helmut Knebel ein. Stadtentwicklung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und der Stadt insgesamt habe es dennoch immer gegeben. Helmut Knebel nannte den Bau der Wasserskianlage und den Bau des IKEA-Verteilzentrums, die während seiner Amtszeit entstanden waren. Besonders lobte Helmut Knebel die Kraft der Bürgerbewegungen, die erreichten, dass beispielsweise die Bäder in Thiede und Gebhardshagen erhalten blieben. Stolz sei er darauf, dass Salzgitter, obwohl aus 31 Stadtteilen bestehend und damit einmalig, es zur Anerkennung als Oberzentrum geschafft habe. Er wünschte der Stadt, dass sie offen bleibe, die Menschen annehme, wie sie seien und weiter gemeinsam die Stadt gestalten mögen.
Diesen Lebensgeschichten, die maßgeblich das Gesicht der Stadt Salzgitter prägten, zollte Oberbürgermeister Frank Klingebiel außerordentlichen Respekt. Mit einem Zitat aus einer Jungbürgerurkunde aus dem Jahr 1957 appellierte er an Rechte und Pflichten der Menschen in Salzgitter, an der Gestaltung der Stadt konstruktiv mitzuwirken.
„Salzgitter steht für Vielfalt, Dynamik und Entschlossenheit. Die strategische Ausrichtung als kinder- und familienfreundliche Lernstadt und die konsequente Investition in Bildung und Familie und somit in die Zukunft tragen Früchte. Die Möglichkeit seit 2006 die Geschicke meiner Heimatstadt als Oberbürgermeister entscheidend mitzugestalten, bedeutet mir sehr viel und macht mich stolz. Es ist eine riesige Herausforderung, aber es ist eine, der ich mich auch künftig voll und ganz gerne stellen werde“, bekannte Frank Klingebiel zum 75. Geburtstag der Stadt Salzgitter.
Zum Stadtgeburtstag ist für den Sommer geplant, die Salzgitteranerinnen und Salzgitteraner zu einer Kulturveranstaltung einzuladen.